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Wie motiviert und inspiriert man Studierende, Herr Dr. Zyska?

Wie motiviert und inspiriert man Studierende, Herr Dr. Zyska?

© Foto: C. Wyrwa

 

Seit 2008 vergibt die Leibniz Universität einmal jährlich einen Lehrpreis. Da gute Lehre viele Facetten hat, sind 2021 erstmals drei Kategorien eingerichtet worden, in denen lehrende Professorinnen und Professoren, sowie wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Preis erhalten können: Motivation und Inspiration, Strategie und Transfer sowie Professionalisierung und Lehrkultur.

Dr. Lennard Zyska sei ein exzellenter, enthusiastischer Hochschullehrer, der innovative und anspruchsvolle Kurse anbiete, einen offenen, kooperativen Umgang, aktive Beteiligung und Zusammenarbeit fördere, die unterschiedlichen Lernbedürfnisse und Fähigkeiten berücksichtige und eine inklusive Lernatmosphäre und positive Lernerfahrung schaffe – so das Urteil der Studierenden. Die Webredaktion wollte mehr wissen.

 

Herzlichen Glückwunsch, Herr Dr. Zyska, zum LUH-Lehrpreis 2023 in der Kategorie ‚Motivation und Inspiration‘. Sie haben in Berlin studiert, in Ingolstadt promoviert und sind seit November 2022 an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der LUH. Wer oder was hat Sie inspiriert, um heute so innovativ und mitreißend lehren zu können?

Erst einmal vielen Dank für die Glückwünsche! Zur Frage: Über die Jahre meines Studiums habe ich viele inspirierende Dozenten kennengelernt und mitreißende Kurse besucht. Solche positiven Erfahrungen haben sicherlich einen großen Einfluss darauf, wie man seine eigene Lehre gestaltet. Ich denke jedoch, dass gute Lehre – ebenso wie gute Forschung – im Kern von Begeisterung für das Thema und Freude an der Tätigkeit angetrieben wird. Die Lehre ist neben meiner Forschung – im Sinne des Humboldtschen Bildungsideals – integraler Bestandteil meiner beruflichen Tätigkeit und ich habe persönliche Vorstellungen von und Ansprüche an das, was ich beruflich mache. Es freut mich natürlich ungemein, dass die Studierenden meine Lehransätze und -methoden auch zu schätzen wissen und ich bin sehr dankbar für die Anerkennung.

 

Während der Preisverleihung wurde Ihre anwendungsorientierte und studierendenzentrierte Herangehensweise bei der Vermittlung von Wissen gewürdigt. Was verstehen Sie darunter und wie verwirklichen Sie diesen Ansatz in Ihren Kursen?

In unserer zunehmend digitalisierten (Arbeits-)Welt werden Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit Daten immer wichtiger. Damit die Studierenden in Zukunft als Gestalter agieren können, ist es entscheidend, sie dementsprechend auszubilden. Aus meiner Sicht sollte eine moderne wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung sie mit den Kompetenzen und Fähigkeiten ausstatten, um eigenständig fundierte und schlüssige empirische Analysen durchführen zu können. Dazu gehört eine solide Grundlage in theoretischem und methodischem Wissen sowie praktische Erfahrungen im Umgang mit realen Daten, statistischer Analyse und ökonometrischer Schätzung, sowie der kritischen Bewertung empirischer Ergebnisse. Mein Lehransatz ist daher sehr praxisorientiert. Ich lege großen Wert auf angewandte Übungen und Prüfungsformate, beispielsweise in Form von Problemstellungen, die mit statistischer Software bearbeitet werden müssen. Zudem bin ich überzeugt davon, dass Forschung und Lehre sich gegenseitig stärken. Deshalb bemühe ich mich stets, aktuelle Entwicklungen, Methoden und politikrelevante Ergebnisse aus der Forschung in meinen Unterricht einzubeziehen. Außerdem ist mir ein interaktives und partizipatives Lernumfeld sehr wichtig. Ich ermutige aktiv zur Beteiligung, zum offenen Dialog und zu kritischen Diskussionen im Unterricht und fördere den Austausch und die Zusammenarbeit unter den Studierenden, um sie dabei zu unterstützen, ihre Lernreise selbstständig zu gestalten und ihre Problemlösungsfähigkeiten weiterzuentwickeln.

 

Die Studierenden konnten im zurückliegenden Wintersemester bei Ihnen Seminarthemen wie “Tax Evasion” und “Crime, Corruption, and Dirty Money” belegen. Braucht es bisweilen den Blick in menschliche Abgründe, um komplexe Zusammenhänge in der Wirtschaft besser zu verstehen?

Möglicherweise ist der „Blick in menschliche Abgründe“ für manche der Ausgangspunkt für ihr akademisches Interesse an Themen wie Steuerhinterziehung und Korruption. In Seminaren betrachten wir diese aber wissenschaftlich, also vornehmlich ohne Werturteile.

Für mich persönlich besteht der Reiz der Themen darin, Evidenz für sehr schwer zu beobachtendes Verhalten und dessen Auswirkungen zu finden. Ich interessiere mich vor allem für die ökonomische Relevanz von solchen Phänomenen, aber auch für die institutionellen Rahmenbedingungen, die sie ermöglichen oder verhindern.

Natürlich stehen solche Themen im Kontext illegaler Tätigkeiten oder moralisch fragwürdiger bzw. ethisch problematischer Aspekte menschlichen Verhaltens, welche auch zu ernsthaften gesellschaftlichen Missständen führen können. Beispielsweise können Steuerhinterziehung und Korruption das Vertrauen in die Politik und Institutionen schwächen und das Gerechtigkeitsempfinden und damit einen Grundpfeiler des gesellschaftlichen Zusammenhalts untergraben.

Eine normative Auseinandersetzung mit diesen Themen ist also ebenfalls wichtig, um ethische und gesellschaftliche Fragen zu beleuchten. In der ökonomischen Forschung fokussieren wir uns jedoch auf die Analyse der (Daten-)Sachlage, der zugrundeliegenden Anreize und Mechanismen, sowie der Auswirkungen solcher Phänomene, beispielsweise den Implikationen von Offshore-Vermögen und Steuerhinterziehung für die Vermögensungleichheit. Im Optimalfall stellen diese Forschungsergebnisse die Grundlage für evidenzbasierte gesellschaftliche Diskussionen über solche Themen und die Entwicklung effektiver Politikmaßnahmen dar.

 

Lehr-, Lern- und Kommunikationsräume sowie das Campus-Leben haben sich in den vergangenen Jahren tiefgreifend verändert und die LUH hat im Dezember 2023 eine Lehrverfassung verabschiedet. Welche Rahmenbedingungen braucht es aus Ihrer Sicht als Lehrender, um unseren Bildungsauftrag zu erfüllen und unsere Studierenden als Gestalter*innen der Zukunft auszubilden?

Die Frage bezieht sich aus meiner Sicht auf eine Vielzahl wichtiger Themen, mit denen sich Universitäten in Bezug auf ihre zukünftige Entwicklung, Ausgestaltung und ihren Bildungsauftrag auseinandersetzen müssen – und die im erweiterten Sinne auch für unser Bildungssystem und die Bildungspolitik relevant sind. Eine kurze Antwort: Unabhängig von vergangenen oder kommenden Ereignissen und Veränderungen und den daraus resultierenden Herausforderungen und Folgen für Universitäten, das Bildungssystem oder die Arbeitswelt – sei es Globalisierung, Digitalisierung, Migration, Covid-19-Pandemie oder künstliche Intelligenz: Wenn man hervorragende Rahmenbedingungen für die (universitäre) Bildung und Forschung und einen hochqualifizierten Nachwuchs möchte, wird man zielgerichtet und in entsprechendem Maße  in Infrastruktur und Personal investieren müssen – und das bereits in den Schulen und Kindergärten.

 

Was würden Sie Doktorandinnen und Doktoranden mit auf den Weg geben, die erste didaktische Erfahrungen in ihren Lehrveranstaltungen sammeln. Wie motiviert und inspiriert man Studierende?

Ich denke, ein guter Ansatz für die Gestaltung inspirierender und motivierender Lehre ist es, sich daran zu erinnern, was einem selbst im Studium gut gefallen oder geholfen hat. Welche Lernatmosphäre hat man als besonders unterstützend, und welche Lernmethoden als besonders hilfreich empfunden, um komplexe Inhalte oder Zusammenhänge zu verstehen? Ansonsten: Sei authentisch, enthusiastisch und habe Spaß an dem, was du lehrst. Wenn man seine Begeisterung für das Thema zeigt und eine positive Einstellung zur Lehre vermittelt, motiviert man in der Regel auch die Studierenden. Sei zugänglich, unterstützend und freundlich. Es hilft immer, wenn sich die Studierenden respektiert und gehört fühlen und man sie aktiv in den Lernprozess einbezieht, beispielsweise durch Diskussionen, Gruppenarbeit und praktische Anwendungen. Außerdem: Erkläre den Studierenden immer wieder das "big picture", um vermeintlich unzusammenhängende Dinge zu verbinden, und zeige ihnen die zugrundeliegenden Prinzipien in verschiedenen Kontexten. Und allgemein: Denke niemals, dass dein Fach das wichtigste ist. Stelle dir die Frage, warum die Studierenden daran interessiert sein sollten – und sag es ihnen!

 

Sie haben 2018 und 2019 Gelegenheit gehabt, an Universitäten in Bergen und New York Erfahrungen zu sammeln. Was hat Sie während Ihrer akademischen Auslandsaufenthalte besonders beeindruckt?

Während meiner akademischen Aufenthalte an der Norwegian School of Economis in Bergen und der New York University habe ich insbesondere die Möglichkeit genossen, andere akademische Perspektiven und Ansätze kennenzulernen und neue Bekanntschaften zu knüpfen. Darüber hinaus haben meine Forschungsprojekte natürlich ungemein von den Diskussionen mit Forschenden an der NHH und der NYU profitiert. An den Universitäten haben mich die hervorragenden Studien- und Forschungsbedingungen und die sehr gute akademische Atmosphäre beeindruckt, ebenso wie das Management und die finanziellen Ressourcen. Mein persönliches Auslandserlebnis zu etwas Besonderem gemacht, hat auch die enge Verbindung zwischen der Universität und der atemberaubenden Natur, die Bergen umgibt, sowie der Universität und der lebendigen und dynamischen Atmosphäre von New York. Ich kann unseren Studierenden nur ausdrücklich empfehlen, die Möglichkeiten für Auslandsaufenthalte während des Studiums zu nutzen – für mich waren es akademisch und persönlich jeweils eine unglaublich bereichernde Erfahrungen.

 

Ihre Auszeichnung ist mit 2.000 Euro dotiert. Haben Sie schon eine Idee zur Verwendung des Preisgeldes?

Ich werde das Preisgeld zur Kofinanzierung von Vorhaben im Rahmen meiner Lehr- und Forschungstätigkeit verwenden. Als erster Gedanke kommt mir ein Forschungsaufenthalt in Südafrika, den ich im Rahmen eines meiner aktuellen Forschungsprojekte plane.

 

Herzlichen Dank für Ihre Auskünfte und viel Erfolg für Ihre weitere akademische Arbeit.

 

Die Fragen stellte Birgitt Baumann-Wohlfahrt.

 

Weitere Angaben zu den Preisträgerinnen und Preisträgern 2023:

https://www.uni-hannover.de/de/studium/lehre/inspiration-und-erfahrung/lehrpreis/preistraeger-innen